Der erste Kunstbesuch bei einem Musiker galt Sebastian Schilling. Die zweiten Tonkünstler dieser Reihe sind gleich zu viert. Eine Orgel hören wir übrigens auch.

Wer?

140716d8764anika-muenchRené Bzdok (28) sang schon im Grundschulchor, lernte Gitarre und wirkte in diversen Bands mit, vom christlichen Rock bis zum Deutschpunk der Chemnitzer Band Vorzeigeobjekt. Nach dem Abschluss als Soziologe im Fach Geschichte eingeschrieben, wurde er Gästeführer. Und begann Musik zu machen mit Willy „Nikolas“ Bader (25) aus Chemnitz, angehender Informatiker. Keyboard in der Grundschule, dann Gitarre und wieder Klavier waren seine Stationen.

Anika Münch (23), die aus Nürnberg zum Psychologiestudium nach Chemnitz zog, hatte Geigenunterricht als Schulfach bis zum Abitur gehabt – „und erst mal keine Lust mehr zum Spielen“. Aber Bass wollte sie lernen und fand René  als Lehrer. Der warb sie gleich für seine Band. Und bald brachte sie auch ihre Geige mit und probierte aus, ohne Noten mit den anderen zusammen zu spielen.

Dazu stieß der Chemnitzer Marcel Wächtler (26), Geschichtsstudent, Kellner, Reiseleiter, CFC-Stadionguide. Als Kind hatte er Akkordeonunterricht, „bis das mit 13, 14 uncool war“ und er erst zur Gitarre wechselte und endlich sein Lieblingsinstrument Schlagzeug spielen konnte. Er spielte aushilfsweise in fast jedem Probenraum in der Umgebung und nun parallel in der „Black Bird Blues Company“. „Zwei Bands, drei bis vier Jobs“ sei sein Status. Und merkt an, dass er trotz über 100 Auftritten nicht das Geld für seine Instrumente eingespielt habe, weil selbst Profimusiker heutzutage nicht den Lebensunterhalt damit verdienen können.

Marcel WächtlerBeziehung zum Sonnenberg?

Seit Anfang des Jahres ist die Viererband komplett. Sie gab sich den Namen „Vokanter“ – nach dem Kantplatz direkt hinter dem Lokomov am Fuß des Sonnenbergs, in dem die Band ihren festen Probenraum hat, erklärt René. Zwei aus der Band wohnen auch im Viertel.

Wie sieht es im Probenraum aus?

Direkt über dem Bistro Augusto schallt es durch die Decke. Der kleine Raum ist mit gelbem Teppichboden ausgelegt, mit Tüchern und Gardinen ausgehängt, die ganze Decke mit Eierkartons beklebt. An den Wänden ein Sofa, ein paar Stühle, eine Lampe mit Sombrero-Hut. In einem Wirrwarr von schwarzen Kabeln und Elektrokästchen mit Knöpfen und Schaltern drängen sich Mikrophon-, Lautsprecher- und Notenständer sowie die Instrumente.

Anikas Geige braucht nur ein Kabel und ein winziges Mikrophon, um die Vibrationen von der „Brücke“ am Ende des Geigenhalses abzunehmen und in den Verstärker zu leiten.

Ping, bong, klackklack, bum – Marcel zeigt Kessel, Becken, die Kuhglocke und was er noch mit seinen Sticks, Jazzbesen und Schlegeln beherrscht.

Willys Stagepiano ist wahlweise ein Klavier, ein Flügel oder sogar die Orgel in der Londoner St. Pauls Cathedrale – denn die 76 Tasten können je nachdem die echten Töne dieser Instrumente abspielen. „Die werden einzeln elektronisch aufgenommen, man kann die Dateien über das Internet beziehen und auf die Festplatte des Pianos laden“, erklärt er. Bei der St.-Pauls-Orgel klingt der Hall des großen Kirchenraums mit.

Welche Kunst gibt es?

Nicolas Bader„Music comes first“, sagt René. Erst sind da die Ideen für Akkorde: „Ich habe im Kopf eine ganz Band, wie sie klingen soll, und mit den Musikern wird es konkret. Ja, auch Schlagzeug könnte er nach Noten spielen, so Marcel, aber sie entwickeln ihre melodiösen Songs gemeinsam und spielen auswendig. Willy: „Wir üben das, bis wir es im Blut haben.“

Gesungen wird deutsch. Eine Probe aus dem Lied „Diese zwei Akkorde“: Du wartest doch schon lang, du hast dich gefreut. Dies ist mein Geschenk … Diese zwei Akkorde, mehr hab‘ ich noch für dich, das muss jetzt erst mal reichen, diese zwei Akkorde, auch für dich. Es sind die kleinen Dinge, die verändern sich nicht…“ – „Das ist sehr direkt, jeder kann es verstehen. Ich möchte ein Gefühl teilen“, erläutert René. Er will es „minimalistisch, nicht tausend Töne spielen, um andere zu beeindrucken“. Willy: „Musik muss auch Ruhe erzeugen“.

Auch im Gespräch ist die junge Band gut aufeinander eingespielt. Spaß soll das Musizieren machen, findet Anika. Der große Traum, so Willy, ist eine kleine Konzerttour. Aber erst mal müssen die jungen Vielbeschäftigten jede Woche die Termine für ihre Proben finden.

Katharina Weyandt