Wenn am 14. Oktober in der 500 Jahre alten Dorfkirche in Brackwitz bei Halle die Orgel mit einem festlichen Konzert wieder eingeweiht wird, dann …

… denkt wohl keiner an den Gewerbehof in der Philippstraße auf dem Sonnenberg, in dem die schadhaften Teile restauriert wurden. Hier in seiner Werkstatt baut Orgelbaumeister Josef Poldrack gerade nach Maß die neue Motorkiste. „Das Gebläse der Orgel stand auf dem Kirchdachboden, so dass die Luft, die in die hölzernen Pfeifen geblasen wurde, kälter und trockener oder wärmer und feuchter war als der Innenraum. Diese Schwankungen waren schädlich, zudem war der Motor verschlissen und laut. Das neue Gebläse erhält nun einen schaumstoffisolierten Kasten“, erklärt er und zeigt auf eine Kiste aus hellen Brettern.

Eine Orgel besteht hauptsächlich aus Holz, ein Teil der Pfeifen aus Metall. Poldrack hat in seiner Ausbildung also die Holzbearbeitung auch mit traditionellen Techniken gelernt. Er zeigt eine etwa 20 Zentimeter lange eckige Pfeife, bei der er die Holzwurmlöcher mit kleinen Spänen verdübelt hat. So hat er das originale Teil erhalten, nur den Spund zum Verschließen, der durch die Wurmlöcher weggebröselt war, hat er neu gebaut. An Ort und Stelle wird er die ausgebesserten Teile einbauen. Große und kleine Holzpfiefen und andere Der Beruf wird immer seltener, denn Orgeltöne lassen sich inzwischen auch rein elektronisch erzeugen wie in der Markuskirche. Poldrack, der über Freunde aus der Mittelalterszene von seinem Geburtsort Halle nach Chemnitz kam, schätzt das Echte an Stelle des digital reproduzierten Klangs, auch wenn die Zeiten für das Handwerk nicht mehr so „frei und offen wie nach der Wende“ sind, wie er sagt.

Er arbeitet allein und je nach Auftrag als Subunternehmer für andere Firmen.

Vor drei Jahren hat er die Werkstatt gemietet und nach und nach eingerichtet. Nicht mit Möbeln aus der Fabrik: Alte Schränke, Stühle, Tische sind praktisch kombiniert. Regalbretter werden durch alte Balken und Birkenstämme getragen.

Dabei geholfen hat ihm Frank Thill. Der gebürtige Luxemburger und Weltenbummler lernte Poldrack über private Kontakte kennen. Und fragte ihn, als er mal etwas aus Holz bauen wollte, nach Werkzeug. Jetzt ist er sein Werkstattfreund. Und hatte – neben vielen anderen Berufen auch Eventmanager – die Idee eines Tages der offenen Tür, als immer mehr Freunde mal die Werkstatt anschauen wollten. Die Idee fand bei den Nachbarn, den Stadtfabrikanten im FabLab, so großen Anklang, dass sich daraus ein großes kreatives Hoffest entwickelte.

Katharina Weyandt