„Die Kunst war schon immer Teil meines Lebens. Schon als ich klein war, habe ich mit dem Zeichnen begonnen, auch wenn dies nicht immer leicht war“, sagt Irini Mavromatidou. 1971 in Schwaben geboren, wuchs sie in ihrer griechischen Heimat auf.

Irini Mavromatidou Foto Malech Als sie 17 war, gingen die Eltern nach Bielefeld, eröffneten ein Bistro. Mit 25 zog sie ihnen nach, um im Familienbetrieb zu arbeiten. Den Weg zu Kunst und Studium hat sie sich erkämpft. „Stifte waren ein Luxus, den wir uns nur selten leisten konnten“, erzählt sie. Stets zeichnete sie, wobei ihr die Gäste des Bistros als Inspiration dienten.

Mit 33 erfuhr sie von der Gasthörerschaft an deutschen Hochschulen und nutzte diese Möglichkeit am Fachbereich Grafik und Design an der FH Bielefeld. Dort erfuhr sie, dass bei überdurchschnittlicher Begabung ein Studium auch ohne Abitur möglich ist. Professor Jochen Geilen erkannte ihr Talent, förderte und bestärkte sie in dem Beschluss, sich auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten. 2012 erhielt sie ihr Diplom. Im Studium sei die wichtigste Erfahrung nicht gewesen, sich handwerklich im Zeichnen und Drucken weiterzuentwickeln, sagt sie. Sondern es kam viel mehr darauf an, sich über den intensiven Austausch mit Professoren und Mitstudenten ein Thema zu erschließen und sich mit den Inhalten und dem Prozess der künstlerischen Arbeit auseinanderzusetzen.

Beziehung zum Sonnenberg?

Ihr Mitstudent Anatoli Budjko organisierte eine Druckwerkstatt mit ihrem Professor Geilen und seinem Schülerkreis im Lokomov (Sonnenberger 2/2014). Während dieser Tage ließ sie sich in letzter Minute zu einer Bewerbung beim Kunstfestival „Begehungen“ im August 2014 überreden. Sie wurde ausgewählt, eingeladen, stellte aus – und blieb dann direkt in Chemnitz wohnen. Sie schwärmt vom Stadtteil: „Es gibt hier tolle Menschen. Jeder kennt jeden und du bist Teil davon.“ Ein gutes Umfeld sei das, um neue Dinge zu schaffen: „Im Moment arbeite ich an einem Wandbild im Hof Zietenstr. 32 in der neu entstandenen Bühne KOMPLEX. In der Galerie HINTEN werden neue künstlerische Impulse für das Viertel gesetzt.“ Am 28. November findet dort die Vernissage zu ihrer Ausstellung „Im Rahmen“ statt.

Wie sieht es im Atelier aus?

Sie wohnt in einem 126 Jahre alten, weitgehend unsanierten Haus. Ein Kachelofen heizt die offenen Räume voller Bilder, Bücher und Malutensilien. Neben dem Hochbett steht eine eigene Druckerpresse. Sie sammelt Material für Collagen und Objekte. Neben dem Herd enthält die Küche auch eine moderne Badewanne: direkt unter dem Fenster mit bunten kleinen Fliesen eingebaut. Der Vormieter hatte sie ihr hinterlassen.

Welche Kunst gibt es?

Irini Mavromatidou Foto Malech (7)An der Wand hängt die Bewerbungscollage für die Begehungen: „Dazu hatte ich alle Leute im Lokomov gebeten, mir ihre Portemonnaies auszuleeren.“ Abgelaufene Plastikkarten und Bustickets kombinierte sie mit Werbedrucken und Farben. Auf dem Tisch liegen rundlich-ovale Pappen mit umnähten Rändern für ihre nächste Ausstellung im Lokomov. „Etwas Ähnliches wie bei den Begehungen“ bereitet sie vor, mehr wird nicht verraten.

Ob sie zeichnet, druckt, ausschneidet und neu zusammensetzt, oft entwickelt sie ihre Arbeit aus Experimenten. Sie kreisen zum Beispiel um die Außenseiter und Helden griechischer Sagen. Ihre Werke zeigen oft die Schattenseiten des Lebens. Sie kontrastieren mit ihrer Herzlichkeit und ihrem sprudelnden Temperament.

Mitgefühl inspiriert sie. Sie zeigt ein Bild von fast nackten Frauen in Schaufenstern. „Ich habe das in Amsterdam gesehen: Die Frauen bieten sich für Geld an, um ihr Überleben zu sichern. Direkt nebenan in den Restaurants sitzen andere, die Geld haben und ihr Essen genießen. Das fand ich traurig. Ich kam nach Hause und habe angefangen zu malen.“

 

Website Irini Mavromatidou