Leute: Sylvia Schmidt, Modedesignerin
Es gibt sie noch, die guten Dinge….So wirbt ein großer Versandhandel für traditionell hergestellte Gebrauchsgüter. Und auch am Fuße des Sonnenbergs sind sie zu finden, die alten Handwerkstechniken. In abgelegenen Werkstätten gelangen sie zu neuer Blüte.
Sylvia Schmidt ist Modedesignerin mit einem frischen Bachelor of Arts – Abschluss der Westsächsischen Hochschule Zwickau/ Fachrichtung Angewandte Kunst in Schneeberg. Sie hat eine alte, fast ausgestorbene Technik, die zur Verzierung von Miedern genutzt wurde, wieder belebt. Ursprünglich wurden dabei Peddigrohr-Stäbe dicht an dicht zwischen zwei Stofflagen genäht. Dadurch entsteht eine fast panzerartige Struktur, die gleichzeitig aber in einer Richtung völlig flexibel ist.
Wenn derartig verstärkte Stoffpartien geschickt angeordnet werden, hebt und wölbt sich im Mieder alles so, wie es Trägerin und Betrachter gefällt. Das wussten schon die Schneider im alten Bayern, die mit dieser Technik ihre Dirndlmieder verstärkten.
In langen Versuchen hat Sylvia Schmidt das Verfahren auf moderne Materialien umgestellt, die sich besser verarbeiten lassen und haltbarer sind. In verschiedenen Kleidungsstücken angewandt, steht so diese Technik in einem neuen Kontext. In einem Praktikum in einer Berliner Designwerkstatt, die Einzelstücke für die Fetisch-Szene fertigt, hat sie Schnitt- und Verarbeitungstechniken perfektioniert. Mit diesem Rüstzeug entstand schließlich ihre Abschlusskollektion, die sich unter dem Titel „Zwiespalt“ mit weiblichen Selbstbildern zwischen Keuschheit und Fetisch auseinandersetzt. Die Bilder der Kollektion gibt es hier zu sehen.In Sylvias Werkstatt stapeln sich Stoff- und Materialkisten. Drei verschiedene Nähmaschinen, darunter eine alte Veritas, warten auf ihren Einsatz.
Auf Schneiderpuppen hängen verschiedene Werkstücke. In der Mitte des Raumes steht ein riesiger freier Arbeitstisch, hier wird experimentiert und gefertigt. Sylvia zeigt uns Probearbeiten in ihrer neu entwickelten Flächentechnik. Selbst bei diesen relativ kleinen Stücken ist sofort zu spüren, wie viel technisches Wissen, handwerkliche Kunstfertigkeit und Arbeitszeit in ihnen steckt. Alles ist absolut akkurat millimetergenau genäht, sonst würde die Technik auch gar nicht funktionieren.
Ein weiteres Handwerkszeug aus dem Hause UNDEAD ist auf den ersten Blick kaum als solches zu erkennen. Eine grobschlächtige Holzkiste, darin zwei starke Scheinwerfer, oben abgedeckt mit einer Glasplatte. Es handelt sich um eine Belichtungsmaschine, mit der Schablonen für den Siebdruck hergestellt werden. Was so einfach aussieht, ist das Ergebnis eines langwierigen Trial-an-Error-Prozesses und ersetzt eine Maschine, die im Druckmaschinen-Fachhandel so um die 20.000 Euro kosten würde.
Gleich daneben stehen fertige Schablonen. Mit ihnen werden Plakate, T-Shirts, Flyer oder Sticker bedruckt. Es ist ein langwieriges handwerkliches Verfahren, bei dem Stück für Stück per Hand einzeln hergestellt wird. In Zeiten der digitalen Bildverarbeitung wirkt diese aufwändige alte Technik fast antiquiert. Ihr wohnt aber eine ganz eigene Ästhetik inne, vor allem, wenn wie hier auf Farbe verzichtet wird und die harten Schwarz-Weiß-Kontraste dominieren.
Viele Bands wissen diese Qualität zu schätzen. In Subkulturen wie der Psychobilly-Szene ist die Siebdruck-Ästhetik zu einem Stilmerkmal geworden. Kein Wunder, denn die ästhetischen und symbolischen Referenzen dieser Szene wurzeln in den USA der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und genau das war die Zeit, als der Siebdruck die Populärkultur mitprägte: Werbeschilder, Filmplakate, Verpackungen, Gebrauchsgegenstände.
Und ein Stück dieser Ästhetik hat überlebt, und zwar am Fuße des Sonnenbergs.
Zu erreichen sind Sylvia und Andreas unter www.undead-chemnitz.de.
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