Flüchtlinge auf dem Sonnenberg stellen sich vor
Flüchtlinge auf dem Sonnenberg, die hier wohnen und in ehrenamtlichen Sprachkursen den Anfang im Erlernen der deutschen Sprache gemacht haben, stellten sich im Bürgerzentrum vor.
Da ist zum Beispiel Amir, 26. Sein verstorbener Vater war schon als junger Mann aus Afghanistan in den Iran geflohen. Die gemeinsame Sprache macht das Land zu einem relativ leicht erreichbaren Ziel. Dort heiratete er Amirs Mutter, eine Iranerin, das heißt, offiziell heiraten durfte er sie nicht, weil Flüchtlinge keine Papiere bekommen. Und unverheiratet zusammenleben ist in dem streng islamischen Land erst recht verboten. „Ich habe immer schwarz gelebt“ erzählt Amir. Er konnte keine Schule besuchen, er musste früh arbeiten: „Ich habe drei Jahre als Bauer gearbeitet und 13 Jahre als Maurer.“ Nur sein Nachbar habe ihm Unterricht gegeben, sagt er, und zählt mit leuchtenden Augen einige Schulfächer auf. Zwei mal griff ihn die Polizei auf, beim zweiten Mal stellte man ihn vor die Wahl: Entweder er wird nach Afghanistan geschickt – ein Land, zu dem er keinerlei Verbindungen hat – oder er geht als Soldat in den Krieg nach Syrien, dann bekäme er einen Pass und Geld. Auf Rat seiner Mutter entschied er sich für die Flucht, bezahlte mit seinem gesparten Geld die Schlepper über die Türkei nach Deutschland. Im Sommer 2015 kam er hier an. Er hat schon viel Deutsch gelernt, seit etwa vier Monaten auch in einem offiziellen Kurs. Sein Wunsch: den Realschulabschluss machen. Doch ob er die Möglichkeit bekommt, ist noch offen.
Die Libyerin Farah war Fernsehjournalistin. Der Bürgerkrieg hat sie vertrieben, „der Daesh macht alles kaputt“, sagt sie – Daesh ist die abwertende Bezeichnung für den IS, den selbst ernannten islamischen Staat. Sie war im Gefängnis, nach ihrer Ankunft in Deutschland lange im Krankenhaus, bei der Frage nach ihrer Familie werden ihre Augen feucht. „Aber jetzt alles gut“, betont sie gleich darauf und rühmt die Ruhe in ihrer Einraumwohnung.
Auch die anderen Afghanen Hussein und Sayed sowie die Syrer Ashraf und Ehssan haben viel zu erzählen, auf deutsch, teils mit A’s Übersetzungshilfe, und auf Englisch.
Matthias Höppner von Nachhall e. V., welcher die Sprachbegegnungen sowie diese Veranstaltung organisiert hatte, moderierte diesen Abend Ende September. Viel zu kurz war die Zeit angesichts der fremden Welt, die sich da auftat. Wie leben die Flüchtlinge jetzt hier? Wie sieht ihr Alltag aus? Zu diesen Fragen ist eine Fortsetzung geplant.
Comments are closed.
Letzte Kommentare