Auch die Eisenbahnbrücke an der Augustusburger Straße ist von den Plänen der DB zur Streckenmodernisierung betroffen, schreibt Stephan Weingart.

Sie begrenzt unseren Stadtteil nach Westen hin, zum Zentrum – die Eisenbahnbrücke an der Augustusburger Straße. Ein schön gestaltetes Werk sächsischer Ingenieurbaukunst, das im Alltag jedoch wenig Achtung erfährt. An den Seitenflächen sind aufdringliche Werbetafeln angebracht, noch weniger Verständnis für die Stützmauern aus Naturstein ist allerdings von den Sprayern zu erwarten. Geht es nach den Plänen der Bahn, so soll die Brücke zwecks „Modernisierung“ der sogenannten Sachsen-Franken-Magistrale abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Die dann aufgesetzten Lärmschutzwände werden auch vor den Sprayern nicht sicher sein.

Entstanden ist die „Ostbrücke“ in der Zeit vom Mai 1904 bis September 1909, sie verließ damals die bekannte Werkstatt der Königin-Marienhütte in Cainsdorf bei Zwickau. Man betrachte allein die filigran gearbeiteten Stützen dieser genieteten Stahlbrücke! Ihr Bau gehörte zu dem Projekt der Höherlegung der Eisenbahnlinie Chemnitz-Kappel, bei dem auch die Straßenüberführung am Dresdner Platz und die Hainstraßenbrücke entstanden, wodurch unser Sonnenberg eine bessere Verbindung zur „Außenwelt“ bekam.

Doch noch ein Blick zurück, zum Vorgängerbau der Stahlbrücke. Das war eine steinerne Gewölbebrücke, über die seit 1858 die Züge in Richtung Zwickau tuckerten. 1875 wurde diese durch eine Brücke der neueröffneten, allerdings noch eingleisigen Strecke nach Aue-Adorf ergänzt. Seinerzeit führten sie nicht nur über die Augustusburger Straße, sondern auch über den noch freiliegenden Gablenzbach, schließlich dann über zwei Straßen, denn ab 1881 verzweigte sich von der Hainstraße an die Augustusburger in die Ufer- und die Oststraße.

An der Zusammenführung beider Straßen hinter der Eisenbahnbrücke, am „Ostplatz“, errichtete man im Jahre 1903 das „II. Städtische Brausebad“.

Nachdem der Gablenzbach, bis dahin ein Verkehrshindernis, überwölbt worden war, sollte schließlich das neue Bahnprojekt auch zur Verbreiterung der Straßen genutzt werden. Bei der Erläuterung des Vorhabens im Jahre 1902 gab der Leiter des Chemnitzer Tiefbauamtes zu bedenken: „Die beiden steinernen Mittelpfeiler können nicht beibehalten werden; es sind der Übersicht der Straße wegen wie bei all diesen Unterführungen eiserne Säulen zu setzen, welche von erhöhtem Bord zu umgeben sind, damit die Geschirre nicht anfahren, sich auch eine Person noch rechtzeitig auf die erhöhte Plattform retten kann.“ Man hatte sich jedenfalls entschlossen, die alte Steinbrücke abzureißen, im Oktober 1908 erfolgte ihre Abtragung.

Die neue, sechsgleisige Brücke „in Stein und Eisen“ wurde an beiden Widerlagern bedeutend verbreitert. Ihre massiven Unterbauten hat man aus Natursteinmauerwerk mit Betonauflagersockeln errichtet. Sie ist übrigens auch ein achtenswertes Zeugnis, das Arbeiter vom Sonnenberg der Nachwelt hinterlassen haben. Denn an den Erdarbeiten und am Bau der Stützmauern hatte eine hiesiges Bau- und Steinbruchunternehmen großen Anteil – die Firma Carl Traugott Steinert von der Sonnenstraße 15.

Stephan Weingart

 Bis zum 1. März 2017 besteht noch die Möglichkeit, die Petition zur Erhaltung der denkmalgeschützten Brücken am Chemnitzer Bahnbogen an den Bundestag zu unterstützen:

https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2016/_12/_05/Petition_68821.html

Link auch unter: https://viadukt-chemnitz.de