Das Theaterfestival Off Europa, welches in diesem Jahr in Leipzig, Dresden und Chemnitz Stücke aus Israel zeigt, ist gestartet. Die Bedingungen für Kunst sind in Israel alles andere als einfach.
 Eine konservative Regierungspolitik und vor allem eine rechte Kulturministerin machen den Künstlerinnen und Künstlern die Arbeit schwer. Das Problem ist nicht so sehr eine fehlende finanzielle Ausstattung, diese jedoch ist sofort gefährdet wenn die Kunst gewisse Pfeiler des Staates wie die Armee oder die Besatzungspolitik thematisiert. Bereits Nacktheit auf der Bühne war zuletzt ein viel diskutierter Grund, Fördermittel zurück zu fordern. In Jerusalem passiert es immer wieder einmal, dass ultraorthodoxe Juden Aufführungen stören oder gar verhindern. Auf der anderen Seite werden israelische Künstler bei Gastspielen im Ausland häufig als Vertreter*innen eines Unrechtsregimes betrachtet und sehen sich oft Boykottdrohungen ausgesetzt.
Weil unsere Auswahl etwas über das Land erzählen möchte, ist sie unweigerlich auch eine Politische. So wie jede gute Kunst politisch ist. Ob es dabei um Gewalt oder Aussöhnung geht, um Frauenrollen oder Männerbilder, um kulturelle Verwurzelungen oder Geburtenraten – oder ob die Kunst sich selbst befragt, das Publikum in Israel reagiert stark auf Theaterarbeiten, die sich auf gesellschaftliche Diskurse beziehen, diese vielleicht sogar anstoßen.
OFF EUROPA: MAPPING ISRAEL
Festivalür Zeitgenössische Darstellende Kunst – 21. – 26. Mai 2019
Off Europa – Preise:
Einzelvorstellung: 12 € (ermäßigt 10 €)
Festivalpass Chemnitz (alle Auffuührungen im Komplex): 24 Euro / 20 Euro ermäßigt)
Fr, 24.05. | 20:00 Uhr
Eviatar / „Said“ und „Rising“
Eviatar/Said (Shira Eviatar) – Tanz

Ein Solostück für Evyatar Said

Gemeinsam mit dem Tänzer Evyatar Said erforschte die Choreographin Shira Eviatar Tänze und Rituale jemenitischer Kultur. Entkernt und in ihre Bestandteile zerlegt offenbaren diese ein beeindruckend vielfältiges Bewegungsvokabular. Neu zusammengesetzt wachsen sie zu einer überraschenden, einzigartigen Variante von zeitgenössischem Tanz. Fremd anmutend und doch assoziativ, voller Würde und von bewegender Ernsthaftigkeit.

„Shira Eviatar ist eine der führenden und vielversprechendsten Künstlerinnen des zeitgenössischen Tanzes in Israel und sie ist führend in der Tanzforschung zu ethnischer Identität.“ → The Diver Festival for Contemporary Dance, 2017

Co-Autor + Performance: Evyatar Said
Choreographie: Shira Eviatar
Künstlerische Direktion: Yasmeen Godder

Erarbeitet in einem Residenzprogramm am Kelim Choreography Center in Tel Aviv, bei Tights – Alliance of Dance and Thought und an der SEAD in Österreich. Unterstützt von Mifal Hapais, the Israel State Lottery.

Deutsche Erstaufführung
Dauer etwa 35 Minuten, danach Pause (ca. 15 Minuten)

Rising (Shira Eviatar)

Obwohl es auf Israels Bühnen immer insbesondere Tänzerinnen mit diesem kulturellen Hintergrund gab, blieben die Identitäten von aus dem Orient eingewanderten Juden in Israels Gesellschaft und Kunst weit gehend verborgen und unerforscht. Nach langen Jahren des „Nation-Buildings“, wo es Einwanderern vor allem darum ging, überhaupt dazu zugehören – und/oder ihre Herkunft im Zweifel eher zu verbergen, besinnt sich eine junge Generation von Künstlerinnen und Künstlern vehement auf diese Wurzeln.

Die Choreographin Shira Eviatar ist fasziniert vom Bewegungsgedächtnis des menschlichen Körpers und von traditionellen Tänzen unterschiedlichster Kulturen. Noch vor ihrer Zusammenarbeit mit Evyatar Said adaptierte sie in ihrem Duett „Rising“ festliche Tänze aus Marokko und dem Jemen. Mit jeder Bewegung und jedem Ton, ob beim euphorischen Feiern oder bei Gefühlen wie Freude und Enttäuschung, Unsicherheit und Trauer offenbart sich hier eine kulturelle Verwurzelung, die den beiden Tänzerinnen buchstäblich in die Knochen geschrieben ist.

Kreation + Tanz: Shira Eviatar, Anat Amrani
Musik: Aharon Amram + Sfataim
Tanzinstruktion: Jemen Evyatar Said
Probendirektion: May Zarhy

Unterstützt von Yasmeen Godder Studio, Kelim Choreography Center und The Yehoshua Rabinovich Foundation for the Arts, Tel Aviv.

Keine Sprachbarriere
Dauer etwa 30 Minuten

Sa, 25.05. | 20:00 Uhr
Shall we dance | Yoav Bartel, home made ensemble

Die Hauptfigur das Stückes, Aithan Harrari, hat einen besonderen, in Israel nicht seltenen Beruf, er ist Lehrer für Volkstänze. Als er gebeten wird, einen bekannten Tanzlehrer zu vertreten, kann er sein Talent beweisen, aber er legt auch die Quellen seiner Inspiration frei.

„Shall We Dance“ entstand als Ergebnis einer Recherche zu Erlebnissen israelischer Soldaten, ist ein hintergründiges Stück Entertainment, ein Schauspiel-Solo mit Musik und Tanz, das sich der überzeugende Darsteller Yoav Bartel auf den Leib geschrieben hat. Ein Theaterabend voll von überraschenden Wendungen und erschütternd in seiner Konsequenz.
Im Jahr seiner Entstehung wurde es als Bestes Stück, Beste Inszenierung und Yoav Bartel als Bester Darsteller ausgezeichnet. Seitdem wurde der Abend unter anderem in England, Deutschland, Polen und den USA gezeigt, nahm an internationalen Festivals teil und sorgte stets für Diskussionen.

“The play ends and it is not not clear whether Yoav is a professional dance instructor, a professional actor, or both.”
→ Jurybegründung zur Auszeichnung „Bester Darsteller“

„Bei Aithan Harrari hat sich die Biografie in den Körper unauslöschlich eingeschrieben. (…) Er fordert das Publikum am Ende auf, seine (erfundene) Biografie, die Menschen darin zu vergessen. „Was ist wichtig?“, fragt er. „Der Tanz, der Tanz, der Tanz.“
→ Michael Stadler auf www.nachkritik.de anlässlich eines Gastspiels von „Shall we dance“ bei „Radikal jung“ in München 2013

Bühne Nadav Barne’a
Musikalische Betreuung Yehezkel Raz
Choreographie Abigail Rubin

Regie: Abigail Rubin, Yoav Bartel
Autor + Performance: Yoav Bartel

Produktion: home made ensemble Tel Aviv

In Hebräisch mit deutscher und englischer Übertitelung

Dauer etwa 60 Minuten
www.homemade-e.com

https://www.facebook.com/events/1134118913450989/

Im Anschluss an die Aufführung in Chemnitz spricht die Leipziger Radiojournalistin Grit Friedrich mit Yoav Bartel, Autor, Regisseur und Darsteller des Stückes.
Das Gespräch wird auf Englisch geführt. / The conversation will be held in English.

So, 26.05. | 20:00 Uhr
Habitat
“What’s happening in between the choreographed and the improvised?
Can we look at NOTHINGNESS as a form, or matter? Can we capture it?
How does the past meet the present, and how does “being a body”, in the here and now, bends everything to its own will, to its rebel, to its simplicity, to its quest to see and be seen, or simply – be?”
(aus den Materialien zur Aufführung)Zwei Menschen auf engem Raum, dem Publikum sehr nah. Sich gegenseitig beobachtend, aufeinander reagierend. Zwei männliche Körper, agierend zwischen Konkurrenz und Vertrauen, zwischen Repräsentation und Sein, in einem Spannungsfeld von Choreografie und erfahrbarer Gegenwart.
Die beiden Tänzer flirten mit dem Nichts und ein wenig auch mit dem Publikum. Sie stellen sich und dem Betrachter die Frage, was eigentlich eine Tanzperformance ausmacht. Ihr „Habitat“ ist choreographiert und gleichzeitig unbestimmt, jenseits von reiner Improvisation, es wird jedes Mal wieder entdeckt und neu geschrieben. Uri Shafirs Arbeit ist ein Hohelied auf den Zauber des Augenblicks, auf einen Moment in dem erlebbar Kunst entsteht.Uri Shafir ist Absolvent der MASPA – Matte Asher School for Performing Arts im Kibbutz Ga’aton.
Als Tänzer arbeitete er im Ensemble der Batsheva Dance Company und in Arbeiten von Yasmeen Godder, Niv Sheinfeld und Oren Laor, Dana Ruttenberg, Maya Levy und Anando Mars, Guy Gutman, Dafi Eltabeb, Renana Raz und anderen.
Derzeit studiert er im Masterstudiengang MASTER EXERCE am ICI-CCN in Montpellier, Frankreich. Uri Shafir ist Gaga-Lehrer (Ohad Naharins Bewegungssprache) und leitet Gaga-Kurse / Workshops auf der ganzen Welt.Choreographie Uri Shafir
Kreation + Tanz Zuki Ringart, Uri Shafir
Musik Johann Sebastian Bach, Goldberg Variations
Sound Design Tomer Damsky
Kostüme Tami LebovitzEntstanden am Kelim Choreography Center.
Unterstützt vom Israel Lottery Council For Culture & Arts.Keine Sprachbarriere
Dauer etwa 50 Minuten
www.urishafor.com
Danke an das KOMPLEX-Team für die Infos!