Was war vorher an der Jakobstraße, wo jetzt die neue Schule gebaut wurde? Eckart Roßberg erläutert die spannende Geschichte des dicht besiedelten Grundstücks.

Mit der Eisenbahnanbindung von Chemnitz 1852 wurde der Sonnenberg als Standort für die Industrie interessant. Erste Fabriken entstanden und auch die Bebauung mit Mietskasernen begann. Ausgangspunkt dafür war die Augustusburger – bzw. Oststraße, von der aus in nördlicher Richtung als erstes die Hain-, Damm-, Martin- und Amalienstraße (heute Tschaikowskistraße) mit den kreuzenden Jakob- und Sonnenstraße bebaut wurden.

So entstand auch das Karree mit der Martinstraße 2-16 in den Jahren 1875/76, Amalienstraße 1-13 beginnend in den Jahren 1876/, Oststraße 27-41 (später Augustusburger Straße 65-83) in den Jahren 1881/85/87 und 1906 sowie Jakobstraße 24-34 in den Jahren 1881 bis 1888.

Bewohnt wurden die Häuser vorrangig von Arbeiterfamilien und einigen Handwerkern, die ihre Werkstätten in den Innenhöfen hatten. In den Erdgeschossen waren auch kleine Läden angesiedelt, die die Bewohner mit dem nötigsten versorgten. Untypisch für dieses Karree war, dass es keine Kneipe gab, die befanden sich in den angrenzenden Karrees.

Luftaufnahme aus dem Jahr 1931 / Alle Bilder ohne Namensnennung: Sammlung AG Sonnenberg-Geschichte

 

Interessant ist das in der Bildmitte oberhalb der Zufahrt in das Karree zu sehende langgestreckte niedrige Gebäude mit dem Nebengebäude. Darin befanden sich Garagen und Pferdeställe vom „Pferde-Hofmann“, der von 1903 fast 100 Jahre kurz vor der Eisenbahnbrücke landwärts in der Augustusburger Straße 55, vormals Oststraße 17, einen Pferdehandel mit Rosschlächterei und seit 1954 eine Gaststätte betrieb.

Eine Besonderheit in diesem Karree war die zwischen den Häusern an der Augustusburger Straße befindliche Tankstelle der Deutschen Gasolin AG, die auch nach dem Krieg viele Jahre als Tankstelle von Kurt Noack Bestand hatte und eine heiße Adresse für Insider war.

Bei den Luftangriffen am 3. März und 5. März 1945 waren wahrscheinlich die Bahnanlagen und damit auch die Ostbrücke das Ziel der Alliierten. Aber es traf die Wohnhäuser und die Martinstraße und ihre Umgebung waren besonders stark getroffen. Allein von den 38 Häusern der Martinstraße überstanden nur 5 den Bombenhagel.

Am 3. März war in der Martinstraße 14 ein Opfer, ein 63-jähriger Mann zu beklagen und am 5. März betraf es in der Martinstraße 10 insgesamt 15 Personen, Frauen, Männer und Kinder im Alter von 10 und 80 Jahren.

 

In Vorbereitung der Bebauung des Karrees wurden 1986 die 3 letzten baufälligen Häuser an der Martinstraße abgerissen. Die danach entstandenen Großplattenbauten waren ein begehrtes Ziel vieler Familien.

1987 – Bau der Häuser Martinstraße 5-11 und 2-8 sowie Augustusburger Straße 65-77 von der  Hans-Sachs-Straße aus gesehen Foto: Hilmar Uhlich

 

Nach der Wiedervereinigung kam es aber durch wirtschaftlichen Strukturwandel und damit verbundenem Rückgang der Einwohnerzahl in diesem Gebiet zwischen 1991 und 2006 zu erheblichem Wohnungsleerstand. Mit der finanziellen Förderung „Aufbau Ost“ wurde in Größenordnung der Abriss der in diesem Gebiet befindlichen Großplattenbauten „gefördert“.

Von 2006 bis 2010 verschwanden auf diese Weise alle Häuser bis auf die Kita Tschaikowskistraße 9 und die ehemaligen Garagen und Ställe vom Pferde-Hofmann. In letztere zogen Handwerker ein.

Es wurde Platz für Grünflächen und die „Bunten Gärten“, die am 19. Juni 2010 im Rahmen des Stadtteilfestes eröffnet wurden und ein Jahr später dann Schauplatz des Stadtteilfestes wurden.

Stadtteilfest am 2. Juli 2011 in den „Bunten Gärten“ Foto: Eckart Roßberg