In Abwandlung der Wertschätzung „Ist das Kunst oder kann das weg?“ soll diese Betrachtung zur Diskussion beitragen, was mit dem Ausstellungsmaterial zur Sonnenberg-Geschichte passieren soll.

Unser Stadtteil Sonnenberg existiert seit ca. 150 Jahren, anfangs nur als ein Wohngebiet, was vor allem durch niedrige Handwerkerhäuser oder mehrstöckige Mietskasernen gekennzeichnet war. Die wachsende Industrialisierung von Chemnitz mit den auch auf dem Sonnenberg typischen Maschinenbaubetrieben, Gießereien, Webereien und Textilfabriken machte ein ständiges Wachstum der Stadt notwendig. Darum nahm die Bebauung unseres Stadtteiles von der Dresdner Straße und von der Augustusburger Straße her immer mehr zu. Eine für den Sonnenberg typische Wohnbebauung entwickelte sich, es entstanden viele Häuserkarrés mit kleinen und mittleren Betrieben in der Mitte.

Bis 1911 entstanden für die mittlerweile hier wohnenden über 45 000 Einwohner mit ihren Kindern fünf Schulen und zwei Kirchen, über 50 Kneipen und 5 Ballsäle und vor allem viele Handwerksbetriebe wie Bäcker, Fleischer, Schuster, Schlosser und andere. Bedeutende Großbetriebe mit mehreren hundert Beschäftigten bildeten die Grundlage für den Lohnerwerb und die daraus resultierende Versorgung der Familien. Ob die Gießerei Seidel an der Augustusburger Straße, der Fahrzeuglampenhersteller Riemann an der Fürstenstraße, die Maschinenfabriken Wiede und Vulcan an der Dresdner Straße oder die Webereien Neumayer und Kornick – eine Vielzahl von Betrieben des Maschinenbau, der Textilindustrie, Druckereien, Baugeschäften und eine breite Palette der Produktion bzw. des Handels prägten das Bild vom wachsenden Stadtteil Sonnenberg. Mit dieser von der Industrie und dem Handwerk geprägten Entwicklung entstand eine stadtteiltypische Wohnkultur mit ihren Einwohnern und deren Persönlichkeiten.

Tafel der AG Geschichte beim Kulinarischen Festival der Kulturen in der Markuskirche

Nicht zu vergessen sind die nicht mehr vorhandenen Kasernenbauten an der einstigen Planitzstraße, die großen Volksfeste auf der Planitzwiese oder die Veranstaltungen auf den Sportplätzen im Stadtteil. Wer weiß mit solchen für den Sonnenberg typischen Begriffen wie „Henschel-Pimper“, „Flohkiste“, „Schweinischer August“ oder „Foto-Fuchs“, „Palm-Drogerie“, „Ost-Apotheke“ oder auch „Amalienstraße“ und „Dietzelstraße“ noch etwas anzufangen?

Viele dieser einstigen Betriebe, Einrichtungen und Begriffe existieren nicht mehr, waren jedoch einst ein Spiegelbild des realen Lebens auf dem Sonnenberg. Nur noch Weniges erinnert an sie.

Immer mehr in die Vergessenheit geratene Ereignisse und Leistungen werden von einigen wenigen Interessierten zusammengetragen und damit für die Nachwelt aufbewahrt. Zu denen gehört die 1994 gegründete Arbeitsgruppe Sonnenberg-Geschichte, die in den vergangenen 25 Jahren drei Publikationen herausgebracht und ca. 100 Ausstellungstafeln geschaffen hat. Mit diesen geschaffenen historischen Belegen soll die Geschichte unseres Stadtteiles am Leben erhalten werden. Denn nur derjenige, der sich seiner Herkunft bewusst ist und das Lebenswerk der vorangegangenen Generationen zu wertschätzen und zu erhalten weiß, kann eine fortschrittliche Zukunft gestalten.

Früherer Ausstellungsraum der AG Sonnenberg-Geschichte

Mit den Initiativen der AG Sonnenberg-Geschichte, die Einwohner des Stadtteiles für ihre bewegte Vergangenheit zu interessieren und manches zu erhalten, konnten in den zurückliegenden Jahren einige Stadtteil-Ausstellungen stattfinden. Mittlerweile sind alle Ausstellungstafeln eingelagert und eine Wiedereröffnung ist in weite Ferne und aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Es erhebt sich somit die Frage: Ist weiterhin ein Bedarf zur Geschichte des Sonnenbergs vorhanden oder kann dies weg?

Bisher erhielt die Arbeitsgruppe durch die Sächsische Wohnungsgenossenschaft Unterstützung mit der Möglichkeit zur Ausstellung bzw. der Einlagerung. Trotzdem steht die prinzipielle Frage: Wie weiter? Möchten die Entscheidungsträger des Stadtteiles den Fortbestand dieser einmaligen Stadtteilausstellung?

Vielleicht findet sich im geplanten Kulturprojekt „Kreativhof“ in der Schüffnerstraße perspektivisch ein Platz oder es gibt evtl. auch andere Vorschläge zum Erhalt der Ausstellung.

Entsorgt ist sie schneller als sie entstanden ist.

Also – ist sie nun wichtig oder kann sie weg?

Auf ihre Antworten bzw. ihre Meinungen sind wir gespannt. E-Mail: ag-sonnenberg@gmx.de

Die Mitglieder der Ag Sonnenberg-Geschichte


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