Ein Wahrzeichen auf dem Sonnenberg – Von der Fahrzeuglampenfabrik Hermann Riemann zu Luxus-Wohnungen
Auf Sonnenberg-online und im Sonnenberger wurde mehrfach über die Geschichte der Fahrzeuglampenfabrik Hermann Riemann Metallwaren berichtet, über die wirtschaftlichen Erfolge und die internationale Anerkennung, über seine Werkstatt für Metallwaren in den 1880er Jahren in der Amalienstraße 22 (jetzt Tschaikowskistraße) auf dem Sonnenberg bis hin zu seinem weithin sichtbaren Firmensitz in der Fürstenstraße 83 auf der Humboldthöhe. Über dessen Geschichte sollen hier ein paar Eckpunkte gezeigt werden.
Ab 1888 eröffnete sich ein neuer Markt für die Produktion von Fahrradlampen und weiterem Zubehör. Die Werkstatt in der Amalienstraße genügte in keiner Weise mehr den Anforderungen, so dass sich Hermann Riemann nach einem geeigneten Standort umsah, den er im damals noch selbständigen Ort Gablenz in der Fürstenstraße 83 auf der Humboldthöhe fand.
Dort errichtete Riemann auf freier Höhe 1894 sein erstes eigenes Werk, ein zweistöckiges Gebäude nebst Heizhaus. Da die Geschäfte gut gingen, erfolgten bis in die 1920er Jahre Erweiterungsbauten mit dem bekannten und weithin sichtbaren Riemann-Turm, der etwa um 1914 im Zuge der Erweiterung des Ostflügels an der heutigen Hofer Straße erbaut wurde und zu einem Wahrzeichen des Sonnenberges wurde.
Im 2. Weltkrieg wurde die Fabrik teilweise beschädigt, besonders betraf es die Ecke Fürstenstraße/Hofer Straße, aber zum Teil auch den an der Fürstenstraße gelegen Gebäudeteil.
Doch wie ging es mit der Firma und dem Firmengebäude nach 1945 weiter. Die Schäden wurden ausgebessert, so dass wieder produziert werden konnte.
Nach dem 1945 durchgeführten Volksentscheid zur Enteignung von Kriegsverdienern in Sachsen wurde aus der Firma Hermann Riemann die „Spezialfabrik für Fahrzeugbeleuchtungen“ in Chemnitz und schließlich der VEB Fahrzeugelektrik Karl-Marx-Stadt im Kombinat Fahrzeugelektrik Ruhla.
Mit der politischen Wende im Jahr 1990 konnte der Einstieg in die Marktwirtschaft für den kurzzeitigen Nachfolgebetrieb „Fahrzeugelektrik-Elektronik GmbH“ nicht erfolgreich gestaltet werden, so dass im Herbst 1992 das endgültige „Aus“ erfolgte. Seit dieser Zeit verfiel die unter Denkmalschutz stehende ca. 50.000 m² große Anlage zusehends, besonders aber auch durch Vandalismus und teils Brandstiftung.
Alle Versuche Investoren zu finden, die die Gebäude und das Areal einer sinnvollen Nutzung zuführen könnten, schlugen fehl.
2015 drohte der komplette Abriss und die Abrissbirnen standen schon in Lauerstellung.
Erst mit dem Erwerb der Immobilie durch die Hansa Real Estate Beteiligungs AG aus Leipzig 2016 kam Bewegung in die Sache. Am 19.01.2016 hatte der Planungs-, Bau- und Umweltausschuss u.a. den „Erhalt der bedeutsamen Gebäudeteile des Kulturdenkmals „Fabrikkomplex des ehemaligen VEB Fahrzeugelektrik“ an Fürstenstraße und Hofer Straße, sowie des rückwärtigen Treppenturms“ beschlossen.
Ab Juni 2016 begann der kontinuierliche Abriss des nicht erhaltenswerten Teiles der alten Bausubstanz, so dass im Frühjahr 2018 mit der Erschließung des Einfamilienstandortes auf dem von einem anderen Investor erworbenen größeren Areal begonnen werden konnte. Bis heute sind 12 Häuser errichtet und bezogen worden mit der von den Stadträten am 19.12.2018 beschlossenen Adresse „Riemannweg“.
Ende 2017 begann die Sanierung des Gebäudes an der Hofer Straße mit der Sicherung der Fassade mittels einer Stahlkonstruktion und die Entkernung des Gebäudes. Das bedeutete u.a. den Abbruch nichttragender Zwischenwände und die erforderliche Auswechslung von Geschossdecken. Es gab Zeiten, da standen nur noch die Außenwände.
Parallel zu den Arbeiten am und im Gebäude wurde 2019 im Innenhof eine Tiefgarage gebaut.
Die weitere Sanierung und Modernisierung des Gebäudes ging zügig voran, so dass Ende August 2021 die Abnahme des Gebäudes bzw. des Gemeinschaftseigentums erfolgen konnte. Alle 42 Wohnungen sind verkauft und Anfang 2022 auch bereits ca. 70 % bezogen.
Und nun strahlt die ehemalige Riemann-Fabrik wieder in neuem Glanz von der Höhe des Sonnenberges.
An der Fassade an der Fürstenstraße wurde auch wieder eine stilisierte Sonne an gleicher Stelle angebracht, an der schon eine, aber nach 1945 nur noch bruchstückweise, zu sehen war.
Eckart Roßberg
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Danke für den sehr interessanten Artikel und auch das jahrelange Engagement für den Erhalt des Turms. Vielleicht kann der mal für die Öffentlichkeit geöffnet werden.
Ich sprach neulich mit einer jungen Familie, die eins der kleinen Häuschen hinter der Fabrik gebaut hat, also mit ihrem Grundstückkauf auch zum Gesamtobjekt beigetragen hat. Die zeigten sich glücklich, quasi im Hinterhof der Riemann-Fabrik zu wohnen. Die identitätsstiftende Bedeutung einer Sanierung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.