2015 wurde Irini Mavromatidou das erste Mal im Kunstgespräch im Sonnenberger vorgestellt. Seitdem ist viel passiert.

 

Auch auf dem Laptop zeigt Irini Mavromatidou ihre Werke. Foto: Hellfried Malech

Wer?

Aufgewachsen in Griechenland, kam Irini Mavromatidou mit 25 Jahren nach Bielefeld und erkämpfte sich den Weg zur Kunst. Erst als Gasthörerin an der Fachhochschule Grafik und Design, dann über eine Begabtenprüfung im Studium. 2012 erhielt sie ihr Diplom. 2014, über ihren Mitstudenten, den Druckgrafiker Anatoli Budjko aus Chemnitz, reiste sie das erste Mal zu einem künstlerischen Anlass in die Stadt. Ein paar Monate später stellte sie beim Festival „Begehungen“ aus und wählte Chemnitz als Wohnort.

 

Beziehung zum Sonnenberg?

Ihre Wohn- und Atelierräume und viele Ausstellungen und Projektbeteiligungen waren und sind auf dem Sonnenberg. Jetzt hat sie sich eine alte Ladenfläche gekauft und damit dem ehemaligen Arbeiterviertel einen weiteren festen Kulturort verschafft. Dazu verhalf ihr passenderweise der Erlös aus einem Werk „Mensch und Maschine“, 2018 im Rahmen des Festivals der Industriekultur in der Chemnitzer Firma SITEC entstanden und von dieser aufgekauft.

 

Wie sieht es im Atelier aus?

Ihr Eckladen liegt am Ende der Pestalozzistraße an den Kleingärten, wo damals wegen des 1. Weltkriegs die Bebauung endete und nie wieder fortgeführt wurde. Bis 1945 war dort eine Bäckerei, entnimmt Eckart Roßberg aus der AG Sonnenberg-Geschichte den alten Adressbüchern über das hundertjährigen Haus Nr. 31. Verwinkelte Hinterzimmer und ein großer Raum mit zwei Schaufenstern werden Stück für Stück renoviert. Eine geschenkte Singer-Nähmaschine steht bereit für textile Collagen-Elemente. Eine große Wand soll ein Regal mit den Kunstbüchern aufnehmen, die sich in Bananenkartons bis unter die Decke stapeln. Die andere Wand und die beiden Fenster sollen Ausstellungsfläche sein. Nicht nur für Irini Mavromatidou selbst, sondern auch für andere Künstlerinnen und Künstler. Viel Platz ist auch draußen, für Projekte zum Beispiel für Projekte mit Frauen, denen sie Kunst nahe bringen will. Sie ist hier Pionierin, das Haus im Besitz verschiedener Eigentümer stand lange leer.

 

1000 kleine Alltagsdinge als Rauminstallation zum Start im neuen Atelier. Foto: Eckart Roßberg

Welche Kunst gibt es?

Zum Start in den neuen Räumen beim „Hang zur Kultur“ 2021 zeigte Irini Mavromatidou auf beiden Wänden eine Rauminstallation aus 1000 kleinen Alltagsdingen unter dem Namen „Müllhalde“. Die dicht an dicht auf der alten Tapete angepinnten und angeklebten Gegenstände gaben ein ungewöhnliches und präzise umgesetztes Bild wie alle ihre Werke. Collagen mag sie am liebsten, je nachdem aus Alltagsdingen, eigenen Zeichnungen und Drucken etwas neu zusammensetzen. Sie zeigt auf dem Laptop Werke aus ihren über zwanzig Ausstellungen der letzen Jahre.

Ob 2016 und 2017 in der Chemnitzer Galerie Borssenanger oder 2019 bei „based in Chemnitz“ in der Neuen Sächsischen Galerie, Irini Mavromatidou verfolgt konsequent ihr Ziel eines Lebens als Künstlerin. Im ersten Coronajahr 2020 entstand mit „Denkzeit“-Förder-Mitteln das Werk „Im Rahmen verblasst“, ausgeschnittene und weiß übermalte Meldungen über Corona, die immer weniger wurden. Im September 2020 notierte Eckart Roßberg als Sonnenberg-Chronist: In der Neuen Sächsischen Galerie fand die Vernissage zur 13. Biennale Sächsischer Druckgrafik mit der Preisverleihung statt. Aus 342 Arbeiten von 127 KünstlerInnen wurden von einer Jury 100 Grafiken von 72 KünstlerInnen ausgewählt. Dieser Wettbewerb ist einer der renommiertesten deutschen Genrewettbewerbe. Aller zwei Jahre werden die „100 sächsischen Grafiken“ gewählt, in diesem Jahr unter dem Motto „Störenfriede“. Irini Mavromatidou vom Sonnenberg erhielt den Förderpreis der Lithowerkstatt für ihren Linolschnitt „Odradek“, einer rätselhaften Figur aus einer Erzählung von Franz Kafka, nach der das Lesecafé in der Leipziger Straße 3 in Chemnitz benannt ist.

Jetzt bewirbt sie sich gerade um das Stipendium der Bundesregierung „Neustart Kultur“. Wir wünschen ihr viel Erfolg!

Das nächste Kunstgespräch findet am 12.Mai, 18.30 Uhr bei Grafikerin Bettina Haller in ihrem neuen Atelier, integriert in das Antiquariat an der Dresdner Straße 14 (zwischen bunter Treppe und Dresdner Platz), statt.

Autorin: Katharina Weyandt