Wer?

Biologie und Kunst wählte Astrid Blohme, die „forschende Malerin“, wie sie sich selbst nennt, als Hauptfächer in der Oberstufe.

Astrid Blohme vor dem Ölbild auf ihrer Staffelei

1964 geboren, auf dem Bauernhof groß geworden, erlebte sie eine Kindheit mit viel Freiheit zum Malen und Forschen in der Natur, aber mit wenig Material. Sie lernte von klein auf zu improvisieren: „Das zu nehmen, was ich finde, und Neues daraus zu machen.“
Nach dem Abitur in Achim bei Bremen wandte sie sich zuerst der Naturwissenschaft zu. Sie absolvierte sie eine Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin im Sauerland. Dann zog sie zum Studium der Pharmazie nach Kiel, an das sie eine Promotion anschloss. 22 Jahre arbeitete sie in der Pharmaindustrie und malte nebenbei. Als ihr Sohn geboren wurde, weckte das ihren Wunsch, nicht nur Mutter zu sein und zu arbeiten, sondern sich auch künstlerisch weiter zu entwickeln. Dazu belegte sie Kurse an der Volkshochschule, an einer freien Kieler Kunstschule, an Sommerakademien in Berlin, Dresden, Leipzig und anderswo. 2019 startete sie nach einer Ausbildung freiberuflich als Coach, wobei sie Bilder der Klienten als Einstieg in die Gespräche nutzte. Seit 2021 erprobt sie eine künstlerisch selbständige Existenz. Um in der Kunst freier zu sein, wird sie jetzt zusätzlich einen Teil ihrer Zeit in einer Apotheke arbeiten.

 

Beziehung zum Sonnenberg?

Seit sieben Monaten lebt die Künstlerin in der Markusstraße, hat in einer schön sanierten kleinen Gründerzeitwohnung auch ihr Atelier eingerichtet. Nach 35 Jahren hatte sie sich auf der Suche nach günstigem Wohnraum von Kiel verabschiedet. Schwerin, Wismar schieden aus, weil sie „Kiel zu ähnlich“ sind. Ihr Blick fiel auf Chemnitz. Dass es die künftige Kulturhauptstadt ist, wusste sie da noch gar nicht. Auch dass der Sonnenberg ein Künstlerviertel ist, wurde ihr erst auf den zweiten Blick klar, als sie um die Ecke das Atelier von Doreen Grün entdeckte, in der Straße die „Masterskaja“ von Hanna Remestvenska, und dann vom einen zum nächsten Kontakt vermittelt wurde. Mit Doreen Grün bekam sie eine gemeinsame Ausstellungszeit in der Galerie im Tietz „Karl liebt Käthe“, um die sie sich einfach beworben hatte, angeregt durch einen Zettel im Tietz-Schaufenster. Über die Gartenutopie, wo sie ein Beet hat, bekam sie den Tipp der Sonnenberg-Website. Sie ließ dort einen Termin eines „Offenen Ateliers“ veröffentlichen und konnte die stets aufmerksamen Sonnenberger Gabriele und Eckart Roßberg als Gäste begrüßen. Zeit zur Vernetzung ist ihr wichtig, auch Kunst anzusehen, und in der Natur zu sein, zum Beispiel nah am Wasser im Chemnitztal.

 

Zwei abstrakte Werke im Atelier, an denen sie weiter arbeitet

Wie sieht es im Atelier aus?

Aufgeräumt und eng bepackt sind Tisch, Wandschrank, Regal. Bilder zeigen meist ihre Rückseiten, stehen dicht an dicht an den Wänden. Pinsel, Pinnadeln im Gläschen und anderes, was so gebraucht wird, Skizzenbücher, auch Ordner mit der Aufschrift „Rechnungen“ füllen den Raum. Ein alter Sisalteppich schützt das Parkett vor Farbspritzern. Während sie früher viel mit Ölfarbe gemalt hat, versucht sie jetzt selbst angerührte Eitempera. „Es soll umweltfreundlicher sein, nicht so viel Plastik wie bei Markern und Lackstiften“, sagt sie.

 

Welche Kunst gibt es?

Ein großes Ölbild auf einer Staffelei zieht den Blick auf sich, aber zeigt den Querschnitt über die Zeit, wie Astrid Blohme erklärt. „Ich habe zehn Jahre fast nur Menschen gemalt, die ganze Familie durch. Das Bild der konkreten Person fängt an mich zu langweilen, ich muss etwas wegnehmen. Das tut weh. Ich hole es dann wieder raus.“ Die Balance finden ist das Ziel. Über Landschaften gelangte sie zur nicht gegenständlichen Kunst. Zwei abstrakte Acryl-Gemälde an der Wand sind noch in Arbeit. Sie schichtet die Farbe, ergänzt sie mit Papierstücken. Auf Tisch und Wand des Wohnzimmers zeigt Blohme die neuste Entwicklung: kleine Aquarelle, oft mit Collagen aus Zeitungsschnipseln und eigenen Werken kombiniert. Manche sind im Online-Unterricht mit Kindern einer Kieler Freundin entstanden. Andere haben Zeichnungen mit geschlossenen Augen als Grundlage. Blohme begann mit „Slow drawing“, Kreise oder Ovale kritzeln als kreative Entspannungstechnik. Und variierte: welche Hand den Stift hält, ob die Augen offen oder geschlossen sind. Da gelte es den Verstand einmal auszuschalten. Auf ihrer Website www.astridblohme.de bietet sie dazu auch Anleitung als Podcast an.

Text: Katharina Weyandt

Fotos: Eckart Roßberg

 


 

Das nächste Kunstgespräch findet am 18. April um 18 Uhr bei Bettina Hain in der Jakobstr. 42 statt.