Reflexion zur „Straßengalerie Sonnenberg“ mit Thomas Heidenreich
Wir konnten in einem halbstündigen und intensiv geführten Interview mit Thomas Heidenreich, einen Streifzug durch seine 3 Jahre bewegter, aktiver und bunter Stadtteilarbeit machen.Er ist ausgebildeter Zimmermeister und durch seine vielen und interessanten Funktion aktiv im Stadtteil Sonnenberg verwurzelt. Momentan ist er als Mitarbeiter in einem ortsansässigen Unternehmen am Sonnenberg beschäftigt. Zuvor war er rund 2,5 Jahre für den Verein Stadthalten Chemnitz e.V. tätig, für den er heute weiter ehrenamtlich aktiv ist. Er ist weiterhin Mitglied bei den Stadtindianern e.V.
SO: Thomas, lass uns doch noch einen Blick zurückwerfen und zwar zum Projekt: Straßengalerie Sonnenberg. Du warst ja einer der Ideengeber und führenden Köpfe bei diesem doch einmaligen Projekt in Chemnitz. Wie beurteilst Du jetzt nach gut 2 Jahren das Projekt?
TH: Es war sicherlich für den Sonnenberg eine gute Sache, die sich nun schon dem Ende entgegen neigt. Das Potenzial ist für den Stadtteil ausgeschöpft. Allerdings finde ich, dass das Projekt der Straßengalerie am Sonnenberg weiterhin Modellcharakter für andere Stadtteile von Chemnitz haben kann.
SO: Könnte da der Verein Stadthalten-Chemnitz e.V., der ja der Pionier der Idee war, so eine Art Coaching-Funktion für andere interessierte an einem gleichgearteten Projekt sein?
TH: Ja schon, aber das muss nicht an Stadthalten festgemacht werden. Wir haben da kein Copyright darauf. Aber es existiert schon ein gewisser Wissensvorsprung. Wenn es Leute gibt, die es auch für sich in einer autonomen Regie machen wollen, ist das für mich auch O.K. Sie können sich allerdings jederzeit auch an uns wenden und für einen Wissenstransfer stehen wir gern zur Verfügung.
SO: Lass uns mal zu einem wichtigen Gremium im Stadtteil Sonnenberg kommen: Ich meine den Stadtteilrat. Du wurdest ja doch mit einer großen Mehrheit in den Stadtteilrat im Januar 2012 gewählt. Welche Ideen sind für Dich besonders wichtig, die Du im Rat einbringen und dann zur Umsetzung begleiten willst?
TH: Bisher hat der Stadtteilrat die Möglichkeit, die Gelder vom Verfügungsfond zu steuern. Primär war es für mich schon wichtig, zu wissen und zu entscheiden, wie und wo die Mittel des Verfügungsfonds zum Einsatz kommen. Das sollte aber nicht nur die Aufgabe des Stadtteilrates sein. Wir befinden uns in dem Rat momentan noch in einer kreativen Findungsphase. Diese geht in die Richtung, dass wir noch mehr Funktionen für den Stadtteilrat übernehmen möchten. Wie z.B., mehr Mitspracherecht gegenüber der Stadt zu erreichen. Aber wie gesagt, wir befinden uns hier noch in der Diskussion mit allen unseren Mitgliedern.
Für mich geht es aber in meiner Funktion im Stadtteilrat darum, dass Ideen von der aktiven Bürgerschaft an uns herangetragen werden, auch Gehör bei der Stadt finden. Und da geht der Prozess zukünftig mehr in die Richtung, dass wir uns in der Vermittlerposition gegenüber der Stadt sehen und das, was der Stadtteilrat beschließt, sollte sich dann zum Nachlesen für die BürgerInnen z.B. in der Stadtteilzeitung wiederfinden.
SO: Reicht es denn aus, Eure Entscheidungen nur in der Stadtteilzeitung zu publizieren oder müssen nicht medial andere Medien, wie das Internet genutzt werden, um noch mehr Leute zu erreichen? Wir denken da z.B. an behinderte Menschen, die nicht mobil sind.
TH: Prinzipiell bin ich der Auffassung, dass derjenige der etwas zum Sonnenberg und ebenso zum Gremium des Stadtteilrates wissen möchte, es auch erfährt. Aber den Gedanken, die Entscheidungen des Rates breiter zu veröffentlichen, kann man sicherlich im Rat diskutieren. Man muss dabei, was den Arbeitseinsatz anbelangt, berücksichtigen, dass die Mitglieder hier alle ehrenamtlich arbeiten und auch deren Zeit begrenzt ist. Da kann man nicht erwarten, dass noch Zeit bleibt, um im Internet etwas separat zu veröffentlichen. Mir reicht das Medium der Stadtteilzeitung, was das Publizieren anbelangt, aus. Das kann sich allerdings dann auch fast 1:1 auch im Internet wiederfinden.
SO: Mal sehr simpel gefragt: Du hast 3 Wünsche für den Sonnenberg frei! Wie sehen diese aus?
TH: Lass mich das vielleicht so formulieren. Ich persönlich arbeite schon darauf hin, dass sich der Stadtteil in eine Art Szeneviertel weiter entwickeln wird.
Zweiter Wunsch: Hier sollte noch mehr Kultur und Kreativität zum Tragen kommen. Vielleicht steckt hier und da auch noch, ich sage es mal so, zu viel Ordnungswut drin. Insbesondere sehe ich hier im Stadtteil Verdrängungsmechanismen, die so nicht gut sind. Bei anderen Themen, wie Reinlichkeit im Stadtteil sehe ich es wiederum als Notwendigkeit an. Das Ganze könnte auf einen reduzierten Level erfolgen, ist aber auch als Teil der Stadtteilkultur zu verstehen.
Dritter Wunsch: Es muss weiterhin mehr gelingen, dass noch mehr junge Leute sagen, ich habe Bock in einer bunten Straße zu wohnen und den Bezug damit zu ihrem Wohngebiet „Sonnenberg“ erhalten.
Ein Beispiel dazu. Nach dem wir sehr viel im Rahmen der Straßengalerie zum positiven Stadtbild beigetragen haben, sollten wir jetzt einen Schritt weitergehen. Nun gilt es die Fassaden von Häusern positiver in Szene zu setzen. Und vielleicht sollte man manchmal bei Fragen, welche Fenster in einem Haus angebracht werden müssen, nicht so strikt seitens der Behörden reagieren und gegenüber Bewohnern und Vermietern toleranter agieren.
Thomas vielen Dank für Deine sehr offenen Einschätzungen und Ausblicke. Vielleicht haben wir nach einem Jahr noch einmal die Gelegenheit, den Stadtteilrat Heidenreich nach dem Erreichten auf dem Sonnenberg zu fragen. Bis dahin wünschen wir Dir weiterhin viel Kreativität und Power für Deine anstehenden Aufgaben.
Lieber Thomas, wie schön von Dir zu hören. Danke für Dein Engagement in meinem Stadtteil! Deine drei Wünsche teile ich absolut. Ich würde sie nur nicht auf junge Leute beschränken, sondern meine Altersgruppe mit einbeziehen.
Ich freu‘ mich natürlich auch als Redakteurin über Deine Wertschätzung für die Stadtteilzeitung. Klar ist das Internet die notwendige Ergänzung. Das verstärken wir noch.