PLATZ DA! Interview auf dem grünen Sofa mit Angelika Scheuerl
Angelika Scheuerl besitzt privat einen Bauernhof, fährt auch mal mit dem eigenen Traktor zum Sommerfest und managt eine 5-köpfige Familie. Hauptberuflich leitet sie den sozialpädagogischen Betreuungsdienst DELPHIN (http://www.delphin-scheuerl.de). Die Einrichtung existiert seit 1999 mit insgesamt 18 MitarbeiterInnen. Eine der 3 Niederlassungen vom Delphin befindet sich in der Peterstraße 26.
Bei diesen Konstellationen muss man „ein wenig chaotisch veranlagt sein“, erzählt sie uns:
Im Stadtteil ist Angelika Scheuerl einer der wahren Pioniere des Stadtumbaus, die u.a. Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserungen durchgeführt hat, eine Solaranlage auf ihrem Dach betreibt und ihr Eigen nennt und schon lange mit Künstlern und Subkulturen zusammenarbeitet. Wie, z.B. als Mitbegründerin der Stadtindianer. Sie engagiert sich bei uns im Forum zum Thema „Urbane Landwirtschaft“ und hat schon einige Leute gefunden, die sie, und die Idee dazu unterstützen.
Vorweg gesagt: Angelika Scheuerl ist jemand, die ihren eigenen Weg geht ohne dabei prioritär großartige finanzielle Subventionen zu beanspruchen. Nicht nur deshalb, aber Summa summarum eine sympathische Selfmade-Frau, die wir hier mit ihren Ideen vorstellen möchten.
SO: Frau Scheuerl, schön das wir uns nach so langer Zeit einmal wiedertreffen (1) und das Sie für uns Zeit gefunden haben, bei ihrem doch stressigen Terminkalender.
Kommen wir mal zu ihrem aktuellen Projekt auf dem Sonnenberg. Sie sind ja mit einem Projektträger aus der Schweiz in Kontakt getreten, um hier im Quartier 49 etwas Neues zu bewegen. Was genau wollen Sie tun?
AS: Das ist richtig. Ich habe den Kontakt mit einer Schweizer Stiftung gesucht, dass sozial-unternehmerische Entwicklung unterstützt. Dazu hat es auch schon ein Treffen gegeben. Sie sind auch bereit, sich hier mit einem großen Finanzvolumen zu beteiligen. Des Weiteren gab es dazu noch ein Gespräch mit der Stadt und dem zuständigen Sanierungsträger.
Etwas befremdet hat den Investor doch die Tatsache, dass es zwar sanierte Häuser gibt, aber eindeutig zu wenig Menschen im Karree wohnen. Für den Ansatz eines Nahwärmenetzes hier im Quartier wäre ein Investor sicherlich ein kompetenter Partner. Aber sinnig sind dabei natürlich die Bewohner eines Karrees, sprich die Abnehmer dieser Energie.
SO: Also übernehmen Sie mal wieder eine Vorreiterfunktion. Das leitet ja so ein bisschen zu unserer nächsten Frage über. Frau Scheuerl beobachten Sie eigentlich unsere Kampagne, die sich mit der Imageverbesserung und dem Geschehen auf dem Sonnenberg beschäftigt, sprich Sonnenberg-Online?
AS: Ja, das mache ich. U.a. fand ich die Idee hervorragend, für den Sonnenberg ein eigenes Stadtteillogo wählen zu lassen, bei dem ich mich ja beteiligt habe. Ich schaue öfters mal rein und versuche aktiv mitzumachen und ein paar Gleichgesinnte im Forum zu finden. Zu den Abendveranstaltungen, die den Prozess begleiteten, wie dem World Café oder der Zukunftswerkstatt konnte ich dann aus privaten Gründen leider nicht mehr dabei sein.
SO: Ein anderes Thema dass Sie bewegt, ist die Idee der „Urbanen Landwirtschaft auf dem Sonnenberg“. Bisher haben ja Sie und ein anderer User sich der Idee verschrieben und bekommen Anregungen u.a. aus Leipzig, wo man auf dem Sektor schon etwas bewegt hat.
AS: Ja hier haben wir Kontakte zu Mitbewohnern und vielleicht lässt sich demnächst etwas im Karree 50 dazu entwickeln. Es ist unter anderem die landwirtschaftliche (Zwischen)Nutzung von Brachflächen im Raum Peterstraße von uns angedacht mit Nutzgärten, Streuobst, Schafe, Hühner etc. Wir bleiben da auf jeden Fall am Ball und wenn sich der Verein Stadthalten-Chemnitz jetzt noch dazu einklinkt, hoffen wir auf baldige Ergebnisse. Sprich; Umsetzung einer bis dato noch existierenden Projektidee.
SO: In dem Kontext. Sie betreuen ja auch Jugendliche und könnten diese nicht bei anderen Projekten, wie z.B. dem Wächterhausmodell aktiv unter pädagogischer Begleitung eingebunden werden?
AS: Das könnte ich sicherlich mit dem Verein Stadthalten-Chemnitz ansprechen. Lassen Sie mich das Credo vom Sonnenberg auch mal so definieren. Ich glaube schon daran, das hier im Stadtteil Kapazitäten brach liegen. Es gibt auch Potenziale, um etwas kulturell nach vorne zu bringen. Die Leute von der Dresdner Neustadt haben ja auch einiges bewegt, auf das immer wieder gern verwiesen wird. Momentan sehe ich aber vieles, was einfach nicht nach vorne geht. Ich sehe aber dann auch wiederum Personen wie Herrn Ettlich oder damals Frau Senftleben von der Agentur Stadtwohnen. Diese entwickelten neue Ideen und versuchen diese durch ihr Engagement umzusetzen. Aber von ihnen gibt es leider nicht so viele.
Es bekennen sich noch immer noch zu wenige Menschen für eine gute und innovative Idee und es mangelt doch an der Solidarität im Stadtteil, da es einfach viel zu viele Einzelkämpfer im Stadtteil gibt.
SO: Dann kommen wir doch mal zu ihren Wünschen, damit sich hier am Sonnenberg noch mehr bewegt. Sie haben 3 Wünsche frei:
AS: Obwohl so vieles auf dem Sonnenberg realisiert erscheint, wirkt er doch immer noch wie ein Patient, der zum Leben erweckt werden muss. Mit diesem Statement verbinde oder leite ich nicht sofort monetäre Ansprüche ab. Darum geht es nicht nur. Ich wünsche mir mehr an persönlichem Engagement für den Sonnenberg auch seitens der Stadtverwaltung. Obendrein erscheint es mir, dass es noch zu viele bürokratische Hemmnisse gibt.
Es geht auch um ein MEHR an guten neuen Ideen. Da kommt noch zu wenig aus dem Stadtteil heraus. Leider aber auch von den Leuten, die Stadtentwicklung betreiben. Das Maß an Flexibilität ist nicht gegeben und das lässt mich schon ein bisschen verzweifeln.
Das wäre der mein erster Wunsch, dass sich das ändert.
Der 2. Wunsch von mir wäre der, dass in unserem Karree das Leben und Wohnen nicht nur stagniert sondern endlich mal nach vorne geht. Bei diesen inzwischen geschaffenen Rahmenbedingungen, die z.B. der Innenhof mit seinen Spielmöglichkeiten bietet, sollte doch die Nachfrage größer sein. die Bedingungen hier in der Peterstraße sind besonders familienfreundlich und ich freue mich jeden Tag, wenn auf unserem Areal die Kinder spielen.
Menschen sollten wieder sagen können: Ich möchte hier wohnen, da ich Lust dazu verspüre. Und das diese Leute sich bei vielem, was auf dem Sonnenberg noch zu bewegen ist, MITMACHEN.
Wenn die beiden in Erfüllung gehen, verzichte ich auf meinen 3 Wunsch.
Frau Scheuerl, wir begleiten Sie bei ihrem aktuellen Projekt und hoffen, dass sich auch ihre weiteren Initiativen auf dem Sonnenberg und für ihr Unternehmen positiv entwickeln. In der Hoffnung, dass nicht wieder 3 Jahre ins Land ziehen, bis wir uns wiedersehen, sagen wir vorerst. Ciao!
Abspann
Ursprünglich war das ganze Interview so angedacht, dass wir die 45 Minuten auf dem grünen Stahl-Sofa in den Freianlagen verbringen wollten. Aber es war für uns beide schlichtweg zu kalt. Das 1.Foto von uns beiden hat die gute Seele und Koordinatorin vom Delphin Antje Rausch noch zum Abschluss gemacht. Dank an dieser Stelle. Die beiden anderen Fotos entstammen auch ihrer Feder!
Das Sofa steht in einer von 2 Chemnitzer Künstlern gestalteten Freifläche. Die ästhetisch gestalteten Außenanlagen sind schon ein Hingucker und das findet man so schnell nicht in Chemnitz.
Unbequem ist das Sitzen nicht, aber Sie sollten unbedingt mal PLATZ nehmen, um sich vom künstlerischen Ambiente in der Petersstraße 26 inspirieren zu lassen.
PS: Die Atmosphäre war wirklich relaxt, aber nicht zuletzt, war das der Gastgeberin zu verdanken.
- Unser Planungsbüro hat mit Frau Scheuerl, der GGG, dem Sanierungsträger WGS und der Stadt Chemnitz im Jahr 2009 die Wohnumfeldmaßnahme im Blockinnenbereich Karree 49 entworfen und die Bauleitung übernommen.
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