Das Kultur- und Kneipenmilieu auf dem Sonnenberg im Wandel
Etwa 35 Interessierte hatten sich am 10. April auf gemeinsame Einladung mit der AG Geschichte in der Galerie denkART zum Thema Kultur- und Kneipenmilieu auf dem Sonnenberg eingefunden.
Der Vereinsvorsitzende von denkART, Hellfried Malech, und der Leiter der AG Sonnenberg-Geschichte, Jürgen Eichhorn, begrüßten sie. Zur Einstimmung und auch zwischen den Wortbeiträgen erklang zur Auflockerung Musik aus den 20er Jahren. Bildzusammenstellungen veranschaulichten jeweils die vorgetragenen Texte.
Der erste Beitrag befasste sich mit dem stadtbekannten Ballhaus Zweiniger, im Volksmund auch der „Schweinische August“ genannt. Es befand sich auf der Jakobstraße 10. Die weithin bekannte Vergnügungsstätte diente aber auch der Durchführung von Wettkämpfen im Boxen und Freistilringen, Theater- und Varietevorstellungen und Betriebsfeiern. Nach dem Abriss 1996 wurde eine Handelseinrichtung auf dem Grundstück errichtet.
Dem geschichtlichen Teil folgte ein lustiges persönliches Erlebnis von einer Jugendweihefeier bei Zweinigers aus der Sicht einer Schülerin.
Dem schloss sich die Geschichte der Gaststätte „Zum Huberbauer“ in der Sonnenstraße 13 an, einem seriösen Etablissement, das mit einem Betreiberwechsel seinen guten Ruf einbüßte, was eine in drastischen Worten formulierte Beschwerde der damaligen Anwohner zeigte. Nachdem das Haus 1945 den Bomben zum Opfer gefallenen war, stand zu DDR-Zeiten dort das beliebte Konsum-Möbelkaufhaus.
Dass in den Kneipen nicht nur getrunken und getanzt wurde, sondern oft auch etwas sportliche Betätigung beim Kegeln stattfand, wurde im nächsten Beitrag deutlich. Dafür hatten einige Kneipen Kegelbahnen. Ein Text aus dem Buch „Der Tod des Nibelungen“ des gebürtigen Chemnitzer Schriftstellers Rolf Schneider, der als Kind auf dem Sonnenberg lebte, schilderte das Erleben eines Kegeljungen beim allabendlichen Kegelaufstellen. Anschließend folgte ein kurzer Blick auf das Boxen. Beim Jahrmarkt auf der Planitzwiese konnten sich Freiwillige zum Boxkampf melden.
Als nächstes wurde wieder in eine Kneipe, die Kulmbacher Bierhalle, Sonnenstraße 23 geführt. Während die Sonnenstraße 23 zerbombt wurde, blieb das benachbarte Eckhaus an der Hainstraße, die Sonnenstraße 21, erhalten und in das Erdgeschoss zog in den 60er Jahren die Erfurter Samenhandlung ein. Diese nutzte das teils erhaltene Hintergebäude der Sonnenstraße 23, ein ehemaliges Kino, als Lagerraum. Aber auch bekannte Chemnitzer Bildhauer, wie Johannes Belz, hatten vorübergehend hier ihr Atelier. Auch diese Ecke wurde später abgerissen und mit Neubauten gestaltet.
Ein ganz besonderes Stückchen Kultur wurde den Besuchern dann nahegebracht: Henschels Marionetten-Theater, im Volksmund bekannt als Henschel-Pimper, benannt nach der kleinsten Marionette, dem Pimper. Dort, in der Hammerstraße 10, wurden für Jung und Alt für wenige Pfennige „lehrreiche und lustige“ Stücke aufgeführt.
Ein verrufenes Lokal war die „Kaiserkrone“, Hainstraße 2/Ecke Augustusburger Straße. Die Besucher, meist Soldaten, wurden von den Dirnen bedrängt. Es kam nicht selten zu Schlägereien, weshalb dieses Etablissement auch „Blutiger Knochen“ genannt wurde.
Mit Streiflichtern wurde das Gasthaus „Krone“ und sein Ballsaal auf der Augustusburger Straße 167 beschrieben. Nach dem Krieg wurde der Ballsaal in das Kino Welt-Echo umgewandelt, wobei die tolle Deckenbemalung immer noch zu sehen war. Dort fanden außerdem auch andere Veranstaltungen wie z. B. Jugendweihefeiern statt. Nach der Wende kaufte eine Missionsgesellschaft das Gebäude, nannte es „Arche“ und dann „New Generation“ als Anlaufpunkt für Jugendliche. Neuerdings steht auch der Name „Krone“ wieder am Haus.
Damit wurde der Bogen in die neuere Zeit gespannt, zu einer gastronomischen Besonderheit, dem mittelalterlichen Gewölbekeller „Anno Tomina“, genannt nach den Betreibern Tom und Ina, in der Hainstraße 132. Dort kann nach Ritterart gezecht und geschmaust werden.
Zum Abschluss rückte die Kultur noch einmal ins Blickfeld mit der Vorstellung und der Geschichte des Lesecafés KaffeeSatz in der Zietenstraße 40. Schon vor der Wende existierte dort ein Lesecafé. Nach Sanierung des Hauses richtete der Verein KaffeeSatz e.V. das neue Lesecafe „KaffeeSatz“ ein, in dem Kulturveranstaltungen stattfinden wie Lesungen, Musik, Vorträge, Filme, Austellungen und sich die Möglichkeit für Treffs verschiedener Stammtische bietet.
Am Ende dankte Hellfried Malech für die gelungene gemeinsame Veranstaltung den Akteuren: Petra Paus, Eckart Roßberg, Jürgen Eichhorn von der Ag Sonnenberg-Geschichte und Heidi Preuß, Sven Bachmann von dem Verein denkART sowie Stefan Forberg vom KaffeeSatz.
Wer noch mehr von der Geschichte des Sonnenberges erfahren wollte, hatte die Möglichkeit im Anschluss die Ausstellung der AG Sonnenberg-Geschichte in den neuen Räumen in der Sonnenstraße 24 anzuschauen. 17 Besucher nahmen dieses Angebot wahr.
Gabriele Roßberg
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