Neues Graffito an der Sebastian-Bach-Straße 16
Flatlab ist eine Arbeitsgruppe junger Künstler und Designer aus Chemnitz, Plauen und Halle/Saale.
Wir entwickeln und realisieren projektbezogene Gestaltungskonzepte für Außenfassaden, Innenräume, Events sowie Kataloge und Plakate. Unsere Kunden sind aktiv in Bereichen wie Energiewirtschaft, Wohnungswirtschaft, Kultur, Innenarchitektur und Werbung.
SO: In unserer Lenkungsgruppe Sonnenberg-Image kam mal der Hinweis, dass man ja für WANDGESTALTUNGSentwürfe (maximal 3 Entwürfe) im Internet voten könnte. Wie steht Ihr zu diesem Vorschlag, der ja auch eine Form von Bürgerbeteiligung darstellt?
Flatlab: Grundsätzlich ja. Allerdings würde es darauf hinauslaufen, dass zwischen erarbeiteten Konzepten entschieden werden müsste, da sonst der Gesamtprozess nicht mehr überschaubar und praktikabel ist. Wir hatten solche Fälle auch schon. Es ging um die Gestaltung eines historischen Funktionsbauwerks in Plauen. Es wurde abgestimmt und damit entstand unter den Bürgern eine Auseinandersetzung und Identifikation mit dem Projekt. Die Bürger fanden es gut, da sie mitbestimmen und in einer Form auch mitgestalten konnten, was sie später umgibt – wir finden das richtig und sinnvoll. Was natürlich immer wünschenswert für die Qualität einer solchen Phase ist, ist, dass die Leute ihren Standpunkt auch inhaltlich vertreten können. Bloße Kritik und ein schön/hässlich Schema bringt die Sache nicht voran. Die Voter üben eine Mitentscheiderfunktion aus und damit eine verantwortungsvolle Position, die Kompetenzen voraussetzt.
SO: Das von Euch entworfene Graffito an der Giebelseite der Sebastian-Bach-Straße 16 ist gerade fertiggestellt. Könnt Ihr uns etwas zur Entwurfsidee sagen?
Flatlab: Die Idee war es, dem Thema Wachstumsentwicklung im Viertel, angeregt durch den Stadthalten e.V., ein passendes Bild zu geben. Die Herangehensweise kann sehr verschieden sein. Man kann so etwas formal sehr unterschiedlich anpacken. Da der vorherige Entwurf nicht für Jeden als passend empfunden wurde, versuchten wir diese Ansichten ebenfalls mit zu berücksichtigen. Indem wir eine sehr anschauliche Variante mit einer Blume entwickelten, die aus ihrer Nische herauswächst, wurde dem Rechnung getragen. Die Blüte ist die Idee einer sich entfaltenden Stadtteilgemeinschaft, in der junge und ältere Menschen zusammenleben. Die Blume ist facettenreich und divers so wie auch die Bevölkerungszusammensetzung im Viertel.
SO: Wie lange habt Ihr direkt an der Fassade gearbeitet?
Flatlab: Die Umsetzung dauerte insgesamt 15 Tage. Aufgrund des ständig wechselnden und unbeständigen Wetters, mussten wir immer wieder Unterbrechungen hinnehmen, was schon nerven kann, da man ja malen will! Wir nutzten Sonnenphasen, in denen die Wand trocken war, um zu arbeiten. Denn nur bei einem trockenem Untergrund können wir garantieren, damit das Wandbild lange Wind und Wetter trotzen kann.
SO: Frage an die beiden Künstler. Wie setzt Ihr Euch als kreative Menschen mit den Entwurfsvorstellungen von anderen auseinander? Wie stark kann man sich als Designer darauf einlassen?
Flatlab: Da wir im öffentlichen Raum arbeiten, sind wir uns immer der kommunikativen und kontextuellen Bedingungen unserer Arbeit bewusst. Wir haben bisher meistens davon profitiert, im Ausstausch mit Mitentscheidern zu stehen. Unsere Erfahrung ist, dass Menschen, deren Aufgabenbereiche sich grundsätzlich von unseren unterscheidet, inhaltlich oder formal sinnvolle Anregungen liefern, auf die wir reagieren können. Es hat sich bei diversen Projekten bestätigt, dass der Austausch sehr fruchtbar ist. Es ist für den Entwurfsprozess förderlich, wenn alle involvierten Personen aufgeschlossen, progressiv und lösungsorientiert denken. Wichtig ist in jedem Fall, mit allen zu sprechen und alle Punkte genau zu erörtern. Das nimmt am Anfang der Projektarbeit gelegentlich viel Zeit in Anspruch, ist aber sinnvoll investierte Zeit. Diese wichtige Projektphase dient dazu die gedankliche Zielstellung, in eine sichtbare Form zu übersetzen. Am Anfang sind viele der Kundenvorstellungen noch vage oder werden erst durch Gespräche klarer. Von daher ist diese Phase so wichtig. Es gehört viel Fingerspitzengefühl, genaues Zuhören, Einfühlungsvermögen und natürlich ein breites Bildbewusstsein dazu. Wir verstehen uns weder als Dienstleister noch als autonome Künstler, sondern als wertvolle Projektpartner im Dialog. Und als Partner bringen wir unser spezialisiertes Know-how direkt in den Gestaltungs- und Realisierungsprozess ein. Der Reiz unserer Arbeitsweise liegt auch darin, im permanenten Austausch mit Menschen zu stehen. Durch den Austausch profitieren wir von unterschiedlichen Denkweisen und Haltungen, die Einfluss auf unsere Gestaltungslösungen und deren Umsetzung haben.
SO: Ihr seid ja auch für das Nachbarhaus und die Gestaltung der benachbarten Giebelseite beauftragt. Wann wird es dort losgehen und wie sieht der Entwurf aus, den Ihr dort realisieren werdet?
Flatlab: Die Umsetzung ist geplant ab August/September 2012. Wir haben hierfür ein Frauenmotiv entwickelt, das aus einem Zweitonraster aufgebaut ist. Die junge Dame trägt einen blumigen Kopfschmuck und blickt in Richtung Betrachter. Durch das Zweitonraster, dass wir auch schon bei anderen Arbeiten verwendet haben, entstehen sehr interessante Unterschiede zwischen Fernwirkung und Nahwirkung. Aus der Ferne wirkt es fotografisch und je näher man herantritt, desto mehr verschwimmt das Motiv zu einer abstrakten Linienansammlung. Wir haben auch hierfür eine sehr unkonventionelle Interpretation eines Jugendstilthemas entwickelt, um auf den Architekturstil und die geschichtliche Bauepoche des Hauses einzugehen. Also Gründerzeit und beginnender Jugendstil. Dies wird dem Viertel gerecht. Jedoch kann es auch nicht darum gehen alte Motive reproduzierend aufzutragen wie beispielsweise von Mucha, Klimt o.ä. Altmeistern. Wir müssen von unserer Jetztzeit blicken und gültige Lösungen suchen, die den 100 Jahren Entwicklung, die seit dem vergangen sind, auch Rechnung tragen.
Schönes Statement zum Abschluss und vielen Dank an Stefan Schleupner und Réne Seifert für das informative Gespräch. Wir wünschen Euch weiterhin: Viel Erfolg und gute Ideen!
Endlich mal etwas mit Niveau, schön gemacht!